Sonntag, 16. November 2008

Digitale Dividende auch beim Radio

Der Aufschrei war gross, als Bundesrat Moritz Leuenberger ueber die Vergabe der ausstehenden Konzessionen fuer private Radioveranstalter orientierte. Waehrend in Genf, wo der eben erst mit einer Konzession beglueckte Anbieter Buzz FM selbige an den etablierten Veranstalter ONE FM abtreten wird, bereits wieder Ruhe einkehren duerfte, koennte der Entscheid in Zuerich wohl noch recht lange zu reden geben. Dass sich das Management von Ringier und ENERGY den Entscheid dieser Nicht-Beruecksichtigung wohl zu einem gehoerigen Teil selber zuschreiben duerfte, steht wohl nicht zu Debatte. Die Spielregeln fuer die Konzessionsvergabe waren letztendlich allen Parteien bekannt. Namentlich die etablierten privaten Veranstalter wollten sich bekanntlich um jeden Preis einen nicht unbescheidenen Zugang zum Gebuehrentopf verschaffen und dabei die Radiolandschaft moeglichst zementieren. Dennoch versaeumte es die Fuehrung von ENERGY Zürich, ein hieb- und stichfestes Dossier zu erarbeiten und pokerte obendrein noch dermassen hoch, indem man/frau sich nur um die grosse Konzession beworben hat.

Das Verdikt waere somit also gesprochen und was die Verteilung der Millionen aus dem Gebuehrensplitting betrifft, waere es auch den jetzt konzessionierten Stationen gegenueber nicht korrekt, wenn dieser Entscheid trotzdem wieder torpediert wuerde. Andererseits kann ich die zig-tausenden von Hoerern schon verstehen, welche nun glauben, "der Staat" nehme ihnen den einzigen Sender weg, von welchem sich eben genau diese Hoererschaft angesprochen fuehlt.

Das Uebel ist doch beim Radio genau das selbe wie jenes, welches wir schon vom Fernsehen her kennen. Frequenzen sind nun mal eine beschraenkte Ressource und so haben wir in den vergangenen Jahren bereits ein aehnliches Gerangel um die analogen TV-Kanaele erlebt. Der Ausweg kann nur in der Digitalisierung des Radios liegen, welche eben erst recht fuer die geforderte Vielfalt sorgen wuerde.

Hier sollte nun auch im Streit um die nicht vergebene Konzession ein passabler Kompromiss ins Auge gefasst werden. So koennte beispielsweise eine Uebergangsloesung geschaffen werden, bei welcher ENERGY fuer weitere fuenf Jahre auf UKW bleiben duerfte und hierzu eine eigentlich fuer Veranstaltungsfunk reservierte Frequenz nutzen wuerde. In der selben Zeit muesste ENERGY aber damit beginnen, sein Programm auch digital via DAB+ zu verbreiten. Der Sender koennte diese Zeit dazu nutzen, seine Stammhoererschaft auf die neue Empfangsmoeglichkeit zu trimmen. Wie wir gerade jetzt sehen koennen, hat die DRS Musikwelle durchaus Erfolg damit. Auf die angebotenen DAB+ Radios setzte naemlich juengst ein regelrechter Run ein. Kommt noch hinzu, dass ENERGY - wie schon einmal erwaehnt - dank einer Verbreitung ueber DAB Digitalradio die Moeglichkeit haette, sich als ueberregionales Programm zu etablieren.

Wuenschenswert waere in diesem Zusammenhang aber auch, die Einfuehrung des sogenannten Technologiefrankens erneut zu pruefen. Dieser wuerde es erlauben, den Betrieb weiterer DAB+ Abdeckungen zu finanzieren und somit im digitalen Umfeld fuer die allseits geforderte Vielfalt zu sorgen. Mit Hilfe dieser Mittel koennte beispielsweise ein zweiter "SRG-Layer" geschaffen werden, ueber welchen die verbleibenden Programme von SRG SSR idée suisse ebenfalls uebertragen wuerden. Ueber Digitalradio waere es dann eben moeglich, nicht bloss RSR La Première oder Rete Uno zu empfangen. Die digitale Grundversorgung wuerde dadurch sogar die zweiten und dritten Programme aus den anderen Sprachregionen umfassen, also Espace 2, Couleur 3, Rete Due und Rete Tre.

In einer spaeteren Phase waere die Migration der ersten Programme aus den anderen Sprachregionen abzuschliessen, indem deren Verbreitung ueber UKW eingestellt wird. Da zu diesem Zeitpunkt die Grundversorgung dieser Programme ueber DAB Digitalradio in allen Regionen - und das bereits seit Jahren - gewaehrleistet sein wird, waere dieser Schritt nur konsequent. Die Migration vom analogen Fernsehen zu DVB-T verlief bekanntlich ebenso unproblematisch. Auch hier profitieren wir heute von einer digitalen Dividende. Warum sollte dies beim Radio anders sein? Wuerden die frei werdenden ueberregionalen UKW Frequenzen spaeter zur Versteigerung angeboten, kaemen zusaetzliche finanzielle Mittel zusammen, die fuer den Ausbau weiterer digitaler Layer genutzt werden koennten. Die geforderte Vielfalt im Radio koennte endlich gewaehrleistet werden.

Sonntag, 2. November 2008

Zementierte Radiolandschaft

Nun ist also die Katze aus dem Sack. Die letzten der strittigen Radio Konzessionen, die den Anspruch auf UKW Verbreitung, aber auch den Zugang zum Gebuehrentopf regeln, wurden am Freitag gesprochen. Da und dort gibt es jetzt Arbeit fuer die Juristen, doch im grossen und ganzen ist nun wieder klar festgelegt, wer in welcher Region bis 2019 auf Sendung bleiben darf.

Bundesrat Moritz Leuenberger und das BAKOM betonten immer wieder, bei der Selektion insbesondere den Erhalt einer vielfaeltigen Medienlandschaft in den Vordergrund zu stellen. In Zuerich, wo ja insgesamt fuenf Konzessionen erteilt wurden, mag das ja zu einem gewissen Teil noch zutreffen. Roger Schawinski hat mit Radio 1 sicherlich einen Kontrapunkt in einem sehr eintönigen und mainstream-lastigen Umfeld gesetzt. Auch was die journalistische Leistung seiner Crew anbelangt, sticht sein neustes Projekt in der Tat sehr positiv hervor.

Aber was ist in den anderen Regionen?

Nehmen wir nur einmal Basel als Beispiel. Hier bleibt alles beim alten. Die beiden bisherigen Anbieter Radio Basilisk und Radio Basel 1, welche sich von Format und Inhalt kaum unterscheiden, koennen also fuer weitere zehn Jahre vor sich her dudeln. Das Projekt von Christian Heeb, welches im Ansatz jenem von Radio 1 sehr aehnlich war, wurde vom BAKOM abgeschmettert. In vielen anderen Regionen kam es erst gar nicht zur Debatte. Es gab hier jeweils so viele Bewerber wie zu vergebende Konzessionen. Zum lokalen Hitdudler gesellt sich in diesen Regionen bestenfalls noch ein nicht-kommerzielles Programm mit etwas multikulturellem Anstrich.

Und wo ist jetzt die versprochene Vielfalt?

Auf UKW sucht man die wirkliche Vielfalt somit auch in den naechsten zehn Jahren vergebens. Radio, wie es im analogen UKW Band verbreitet wird, duerfte weiterhin ein reines Hintergrundmedium bleiben. Auch wenn die Kreise jener, welche nun die begehrte UKW Konzession in der Tasche haben, ganz gerne behaupten, die digitalen Technologien seien tot, bietet sich eben doch nur das Digitalradio als Garant fuer mehr Vielfalt im Radio an. Die etablierten Veranstalter haetten wohl zu gerne, wenn ihnen nun waehrend einem weiteren Jahrzehnt keine weitere Konkurrenz erwachsen wuerde. Dabei scheinen sie die Augen zu verschliessen und nicht wahrhaben zu wollen, dass sich die Beduerfnisse der heranwachsenden Generation und unserer multimedialen Gesellschaft weiter veraendern werden. Internet Radio schafft heute schon Zugang zu einer grenzenlosen Vielfalt. Digitales Radio wird dabei helfen, einen Teil dieser Vielfalt auch mobil - also unabhaengig von Kabel und Satellit - zugaenglich zu machen. In der Schweiz wurde in den vergangenen Jahren viel Vorarbeit geleistet, damit DAB resp. DAB+ zu einem Erfolg werden kann. Heute schon offeriert das DAB Angebot Perlen, nach welchen man/frau im herkoemmlichen Radio vergebens sucht. Mit der Einfuehrung des zweiten Ensembles auf Basis von DAB+ wird dem audiovisuellen Einheitsbrei erst recht eine Alternative entgegen gesetzt.